Es war nur eine Randnotiz, in der das Kultusministerium den Baden-Württembergischen Musikhochschulen mitteilte, dass ab sofort der Instrumental- und Gesangsunterricht für Schulmusiker während des Schulpraxissemesters nicht mehr vom Land finanziert werde. Was es für einen Musiker bedeutet, mitten während der Ausbildung plötzlich 8-9 Monate keinen Unterricht mehr zu erhalten, liegt auf der Hand: Mehr als in allen anderen Fächern hängt beim Instrumentalunterricht der Erfolg von der Kontinuität des Unterrichts ab. Eine solch lange Unterrichtspause bedingt zwangsläufig Rückschritte und Fehlentwicklungen, die bei Wiederaufnahme des Unterrichts erst wieder mühsam korrigiert werden müssen.
Wie schon häufiger in der Vergangenheit kam eine Nachricht wie diese zu Beginn der Semesterferien, wenn viele Studierenden nicht mehr regelmäßig in der Hochschule anzutreffen sind, was es umso schwieriger macht, Protestaktionen zu organisieren und zu koordinieren. Doch diesmal gelang es uns, zeitnah alle baden-württembergischen Musik-ASten an einen Tisch zu bekommen und den Protest zu koordinieren.
Mit der Einführung des unbesoldeten Praxissemesters 2001 wurde das besoldete Referendariat um ein halbes Jahr verkürzt und das Kultusministerium konnte mit dem Verweis auf den Praxiszugewinn während des Studiums auf diese Weise große Einsparungen in der Lehrerausbildung verzeichnen. Ein Bruchteil dieser Einsparungen wurde seither darauf verwendet, den Instrumental- und Gesangsunterricht der Schulmusiker während des Praxissemesters zu finanzieren. Doch nun scheint eine fundierte Ausbildung der zukünftigen Musiklehrer dem Land diese Ausgaben nicht mehr wert zu sein. Die Hochschule kann trotz Studiengebühren diese Streichung nicht auffangen und diese Streichung ist ein weiterer Beweis dafür, dass nun das eintritt, was die Studiengebührengegener vor Einführung der „Campus-Maut“ befürchtet haben: Die Studiengebühren dienen dazu, dass das Land sich aus der Bildungsfinanzierung zurückziehen kann.
Die ASten der fünf Musikhochschulen sandten Briefe an Kultusminister Rau (CDU) (Brief lesen) und Wissenschaftsminister Frankenberg (CDU) (Brief lesen), in denen sie die Notwendigkeit des Intrumental- und Gesangsunterricht während des Praxissemesters darlegten und forderten, diese Streichung zurückzunehmen.
Außerdem laufen an allen Hochschulen derzeit Unterschriftenaktionen, die ebenfalls an die beiden Ministerien gesandt werden sollen. Am vergangenen Wochenende fand an der Musikhochschule Karlsruhe der Landeswettbewerb „Jugend musiziert“ statt, bei dem bereits zahlreiche Unterschriften in der musikinteressierten Bevölkerung und bei potentiellen zukünftigen Musikstudierenden gesammelt werden konnten.
Inzwischen hat sich auch der Karlsruher SPD-Landtagsabgeordnete Johannes Stober bereiterklärt, den Protest der Studierenden und der Hochschulen auf parlamentarischer Ebene zu unterstützen. Er formulierte einen Antrag an die Landesregierung, die Streichung zurückzunehmen (Antrag lesen). Dieser Antrag muss bis zum 4. April bearbeitet werden und wird dann voraussichtlich auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung des Wissenschaftsausschusses am 17. April stehen.
Wir bitten unsere Studierenden, die Unterschriftenaktion weiter zu unterstützen und in Chören, Schulklassen, Orchestern,… Unterstützer für eine fundierte Ausbildung der zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer zu finden. Den Vordruck für die Unterschriften gibt es hier.